Höhen und Tiefen lokaler Erinnerungsarbeit
Reihe „Waldkircher Stadtgeschichte“, Bd. 7
Mit Beiträgen u.a. von Hagen Battran, Monika Bollin, Thomas Braunstein, Jens Brodacz, Roland Burkhart, Wolfgang Dästner, Helmut Donat, Bernd Fackler, Roman Götzmann, Heidi Holocek, Lothar Letsche, Johannes Maier, Dirk Metzeler, Inge Pénot, Felicitas Schepers, Dorothea Scherle, Sylvia Sredniawa, Theresa Steudel, Andreas Voßkuhle, Armin Welteroth, Peter Weiss und Wolfram Wette
Anders als in vielen anderen deutschen Städten beschäftigen sich Historiker und BürgerInnen in dem nordöstlich von Freiburg gelegenen Waldkirch seit vielen Jahren mit den Ursachen und Folgen der NS-Herrschaft. Auf den Band „‘Hier war doch nichts!‘ Waldkirch im Nationalsozialismus“ (2020), von dem früheren Oberbürgermeister Roman Götzmann als „großer Beitrag zur Erinnerungs- und Geschichtskultur“ bezeichnet, folgt nun ein zweite umfassende Darstellung. Sie legt die Mentalität des Wegsehens und Verdrängens offen, setzt sich mit der weit verbreiteten Sehnsucht nach einem Schlussstrich auseinander und verdeutlicht, wie sich das Forschungsprojekt „Hier war doch nichts!“ entwickelt und welch bedeutenden Zuspruch es – selbst über den Ort hinaus – gefunden hat.
Ganz auf Freiwilligkeit beruhend, werden die Erfolge, Mühen und Schwierigkeiten einer Öffentlichkeitsarbeit von Augen geführt, die ihresgleichen sucht. Profund, überaus aktiv und über den Tag hinaus hat sich die „Ideenwerkstatt Waldkirch ‚Gegen Vergessen – Für Demokratie‘“ von Nationalismus und Militarismus, Fremden- und Judenhass sowie von der schlechten Erinnerung an die Vergangenheit ihres Ortes abgekehrt und sich in den Dienst eines zukunftsgewandten, friedfertigen und menschengerechten Lebens und Miteinanders gestellt.
Umso mehr mutet es fragwürdig an, dass eine Mehrheit der Stadtoberen sich weit davon entfernt zeigt, dieses außergewöhnliche und einmalige Engagement zu würdigen – und es stattdessen als privates Vergnügen abtut. Angesichts rechtsradikaler, rassistischer, antidemokratischer und kriegerischer Tendenzen in der Gegenwart ist Aufklärung über den Nationalsozialismus und dessen Verharmlosung besonders nötig. Jedem historisch interessierten Leser wird nachvollziehbar, wie begründete Erinnerungskultur in einer Gemeinde selbst gegen Widerstände erlebbar ist.
Hardcover, 416 Seiten, 200 Abbildungen