Schriften zu Theater und Literatur
Hrsg. von Jörg Wollenberg unter Mitwirkung von Helmut Donat. Mit Beiträgen von Hanjo Kesting und Henning Rischbieter sowie mit Zeichnungen von Christoph Niess. (= Ausgewählte Schriften, Bd. 3)
Theodor Lessings Schriften zu Theater und Literatur sind von pointierender Anschaulichkeit und gesellschaftlichem Scharfblick, unterhaltsam, spitz und von erhellender Polemik. Auch auf diesem Gebiet erweist er sich als ein wacher, stets für Unruhe sorgender Geist, der den kulturellen Gesamtzusammenhang im Auge behält, die Eitelkeiten des Zeitgeistes bloßlegt und sich allein dem unabhängigen Urteil verschreibt, ohne Rücksicht auf die Konsequenzen, die für andere oder ihn selbst damit verbunden sein könnten - während seine Kritiker zu Diffamierungen, Schmähungen, Ignoranz oder gar Schlimmeren greifen. Auch in seinem Teil-Leben mit dem Theater und der Literatur erweist sich Lessing als ein deutsches Schicksal - groß geworden, verachtet und schließlich zur Strecke gebracht in einer Welt, der es an Humor, Herzlichkeit, Toleranz, Humanität und Bildung weit mehr gebrach, als man es bis heute wahr haben will.
„Während in emporblühenden Großstädten … alle Wertvollen kaum ein Dach überm Kopfe haben - baut man Marmoralleen, Sieges- und Triumphdenkmäler, karrt in Bibliotheken, Zeitungen und Zeitschriften alexandrinische Berge deutscher Makulatur zusammen und gewöhnt sich an amerikanischen Betrieb in Wissenschaft und Künsten. Aus diesem Zeitalter stammt Bayreuth. Aus ihm Berlin, eine Stadt wie ein Feldlager. Aus knallprotziger Schwindler- und Emporkömmlingszeit kommt Theatertradition und Fundus deutscher Hoftheater. Alles prahlerisch: Moden und Kleider, Möbel und Geschirr, Schmuck und Haus, Namen und Wort … Die Gewänder der Frauen, mit Perlen, Jet und Glasklinker beladen, gröhlen vor Farbigkeit mit unechtem Material, aus Gips, Pappe, Leinwand, Wolle und Kolofonium erbaute Richard Wagner seinem deutschen Dichtertraum eine falsche Renaissance…“
(Theodor Lessing, 1909)
„Aber man hat leider stets meine Schriften totgeschwiegen. Sage Du, Seele neuer Generation, hab ich Unerlaubtes getan oder ist an mir Unerlaubtes geübt worden? … Lies die folgenden Blätter. Ich, ein Narr, warte auf Antwort.“
(Theodor Lessing, 1910)
394 Seiten, 24 Abbildungen, Hardcover