Erinnerungen eines politischen Christen
Diether Koch, Jg. 1929 und Spross Bremer Bildungsbürger, sagt „Nein“ zur Waffen-SS. Nach 1945 stellt er sein weiteres Leben in die Tradition der Bekennenden Kirche, was später auch für seine Biografie über Gustav Heinemann und die Veröffentlichung von Schriften Karl Barths gilt. Er plädiert für eine Verständigung zwischen Ost und West und knüpft während des Kalten Krieges Verbindungen zu Menschen jenseits des Eisernen Vorhangs. Wie seine geistigen Wegbegleiter Albert Schweitzer, Helmut Gollwitzer, Martin Niemöller, G. Heinemann und K. Barth sucht er dem Ungeist der Macht und Vergeltung den Geist des Friedens und der Liebe entgegenzusetzen. Seine weitgespannten Aktivitäten als Lehrer, Fachleiter im Studienseminar für Gemeinschaftskunde, Referent, Historiker, Publizist und Vorstandsmitglied der protestantischen St. Stephani-Gemeinde stehen für eine seltene Einheit von Christ, Mensch und politischem Engagement. Er widerspricht u.a. der Wiederaufrüstung und Außenpolitik Adenauers sowie der Atombewaffnung, den Notstandsgesetzen, dem Radikalenerlass und der Neutronenbombe, der Kommunistenfurcht und der Verunglimpfung von Pazifisten und Marxisten, dem Mythos vom guten Westen und bösem Osten, der ungenügenden und verharmlosenden Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus und Holocaust, dem Streben nach einer neuen Sonderrolle des Militärs, den Fehlentwicklungen wie Machtkonzentration der Wirtschaft, Umweltzerstörung, Massenarbeitslosigkeit, Verarmung der Dritten Welt, Bodenspekulation, Datenvernetzung, zunehmende Verbindung von Wirtschaft und Militär, der „Eingemeindung“ der DDR in die BRD und die damit verbundene Missachtung der von den Bürgern errungenen Rechte, den Rüstungsexporten und der Militarisierung der deutschen Außenpolitik seit zwanzig Jahren.
Diether Koch beteiligt sich federführend an Ausstellungen über „Abrüstungsbemühungen und Aufrüstungspolitik in der BRD 1945-1981“ und „Wir sind in die Irre gegangen“, die sich mit der Haltung der Kirche im Dritten Reich kritisch beschäftigen. Zugleich mahnt er die Mitschuld der Kirche an den deutschen Verbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus, ihre Mitverantwortung an der Teilung Deutschlands im Kalten Krieg sowie eine neue Erinnerungskultur an. Ein geradliniger wie außergewöhnlicher Lebensweg, der seinesgleichen sucht und den Leser anregt, „angelernte“ oder unreflektierte Vorurteile auf den Prüfstand zu stellen und zugleich Mut macht, gegen den Strom zu schwimmen und damit der Zukunft einen neuen Weg zu weisen.
Hardcover, 360 Seiten + 24 Seiten Bildteil mit 55 Abbildungen